(...) Zu
Lebzeiten war er ein Raucher, wenn auch nicht unbedingt Kette. Beruhigte
seine Nerven vor einem Gig und überhaupt. Alle taten es. Und er
machte sich keine großen Gedanken darüber, was er seinen Lungen
zumutete. Doch heute sieht er es von einer etwas anderen Warte.
"Du solltest lieber nicht rauchen. - Das ist tödlich." grinst er
seinen schwarzen Freund an. Und meint damit doch nur, daß der sich,
wo er noch am Leben ist, nicht auf gesundheitliche Risiken einlassen
sollte. Wenn er es vermeiden kann. Das ist ja fast so, als wolle
er Selbstmord auf Raten begehen. Und dabei ist das Leben unser kostbarster
Besitz.
- Vielleicht muß man erst sterben, um das voll und ganz begreifen
zu können.
Eric hat seine Lektion gelernt. Aber jetzt wird es Zeit. Er erhebt
sich geschmeidig aus der Hocke in den Stand und schreitet mit verschränkten
Armen ein paar Schritte von Albrecht fort. Zeit weiterzuziehen.
Zeit nachzudenken und Zeit, die es zu nutzen gilt, da sie so furchtbar
knapp bemessen ist - für Eric. Denn es darf nicht noch eine Devil's
Night vorübergehen, ohne daß das Gleichgewicht wiederhergestellt
wurde.
Kurz vor der Tür angekommen dreht er sich um, als der Cop noch einmal
ansetzt. Wann kommt ihm solch eine Gelegenheit wieder? "Du kannst
jetzt nicht einfach so verschwinden."
Kann ich nicht? zögert Eric und hebt seine Augenbrauen.
"Ich hab noch tausend Fragen."
Als der Auferstandene stumm bleibt, fährt Albrecht ein wenig mutiger
fort: "Ich denke, ich habe ein Recht darauf. Ich meine, ich hab
dir doch geholfen oder?" - Soweit ich das verstanden habe, hast
du mein Gehirn angezapft und so das erfahren, was du wissen wolltest.
Jetzt bist du an der Reihe.
"Was willst du?" Eric möchte ja nicht undankbar sein, aber eigentlich
hat er nur noch Platz für einen Gedanken: wie er es den übriggebliebenen
Schweinen am Besten heimzahlen kann. JETZT!
Und Albrecht spürt, daß sein Wunsch nicht gerade auf große Resonanz
stößt. "Nur das, was alle wissen wollen:" erklärt er. "Was ist der
Sinn des Lebens? Gibt es einen Gott? Wie ist das Leben nach dem
Tod? - Warum konntest du überhaupt zurückkommen? - All diese Dinge.
Also nichts Unmögliches, oder?" grient er entschuldigend.
"Und du glaubst, das kann ich beantworten?"
"Wenn nicht du, wer dann?" - Du bist der erste Tote, der mich
nach seinem Ableben besucht. Und gebe Gott, daß du auch der einzige
bleibst. Bei einigen Gesellen bin ich keineswegs scharf auf ein
Wiedersehen!
"Vielleicht ist der Sinn dieser Fragen, daß man ein Leben lang nach
den Antworten suchen SOLL!"
Mit anderen Worten, du WILLST es mir nicht, sagen. Oder du kannst
es wirklich nicht, denkt Albrecht. Vielleicht tatsächlich Letzteres,
denn du scheinst nicht allwissend, sonst wärst du nicht hier in
meiner Wohnung.
"Okay, dann etwas anderes. Du suchst die Mörder und bringst sie
zur Strecke. Aber was hat dieses Bild von einem Vogel damit zu tun?"
- Ich red jetzt nicht davon, wie illegal deine Rache ist. Und
doch werde ich dich nicht verpfeifen. Ganz sicher nicht - falls
das überhaupt nutzen würde. Ich meine, ich verstehe dich. Und unsere
Justiz hat in deinem Fall wohl kaum für Recht gesorgt. Aber da sind
noch so ein paar Rätsel offen.
Eric fragt sich, ob er es ihm erklären soll. Es zumindest versuchen?
Albrecht ist auf seiner Seite. Das weiß er jetzt bestimmt. - Und
ich war fleißiger, als du es ahnst. Von Funboys Tod ist dir noch
nichts zu Ohren gekommen.
"Wir sind ein Wesen. Die Krähe hilft mir, die Mistkerle zu finden."
- Soviel ist noch recht unverfänglich und mehr weiß Eric auch nicht.
"Seit ich im Grab erwachte, ist sie an meiner Seite."
Der Schwarze gibt keinen Ton von sich. Aber seine Augen sind eine
einzige Aufforderung, weiterzusprechen.
"Ich erinnere mich an meinen Sturz aus dem Fenster, an das, was
vorher mit mir - und Shelly geschah. An unser Leben. Aber dann ist
nichts mehr. Bis ich den Sarg öffnete."
Er will - und kann - ihm nicht erklären, wie diese Rückführungen
seinen Geist überfluten und blitzartig aufzucken, jedesmal, wenn
er einen Gegenstand berührt. Das ist eine Eigenart der Materie,
die ihm zu Lebzeiten unbekannt war. Das ALLES eins ist, irgendwie
miteinander verbunden. Nichts geht je verloren. Und jedes beeinflußt
alles andere. Durch Schwingungen, die ewig heften und erhalten bleiben.
Das ist einer der Gründe, warum er Darla zu heilen vermochte. Weil
er ihren Körper zwang, den giftigen Stoff abzustoßen, auszuspeien.
Wahrscheinlich liefert das auch die Erklärung für sein zweites Leben
und seine Unverwundbarkeit.
Sein Geist ist in der Lage, die Stoffe so zu verändern, daß sie
wieder zu einem Gefäß für seine Seele taugen. Nach jeder Verwundung
zu gesunden, ist ebenfalls so zu erklären. Weil er begriffen hat,
daß seine Körpermaterie einen Teil von ihm selbst, der veränderbar,
formbar ist, darstellt. Er starb im Zentrum einer großen Störung.
Seine Seele fand keinen Frieden. Und Ungleichgewichte müssen beseitigt
werden.
Vielleicht war er deshalb ein Kandidat für eine erfolgreiche Auferstehung.
Vielleicht schwebte er in der Zwischenwelt, ohne Aussicht auf Erlösung,
für immer ein ruheloses Gespenst. Und vielleicht gelang es deshalb.
Aber das darf er Albrecht nicht erzählen. Es sind fast nur wilde
Spekulationen. Und es würde die Rolle seiner gefiederten Freundin
nicht restlos aufschlüsseln. Denn ohne sie könnte er hier nicht
existieren. Irgendwie spürt er das. Und ein wenig macht es ihm Angst.
Albrecht fühlt, daß er keine weiteren Antworten erhalten wird und
fragt nur noch eins: "Willst du dich jetzt wieder in Luft auflösen?"
Eric grinst ihn leicht amüsiert an. "Eigentlich wollt ich zur Vordertür
raus."
Der Schwarze hebt seinen Hintern vom Tischchen. "Hör mal." zögert
der muskulöse Mann, was bei seiner Statur unbeholfen wirkt, wo er
doch sonst um Worte nicht verlegen ist. "Mh. Es tut mir sehr leid,
was dir und deiner Freundin passiert ist."
Eric nickt. "Ja." - Danke. Ich weiß, daß es du es auch so meinst.
- Dann neigt er seinen Kopf und geht langsam hinaus. Die Tür fällt
ins Schloß. "Ja." flüstert Albrecht und fingert nach seinem Päckchen
Zigaretten. . (...)
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